Gudruns 3. Brief

vom 21.04.2020

Meine lieben Lerchen!

Ja, staunt nur, mein dritter Brief kommt von MIR – höchstselbst. Ich hab nämlich Handwerker im Hause, und weil ich mich in der Nähe dieser wunderbaren Menschen aufhalten möchte („das Auge des Herrn macht die Kühe fett“), muss ich ja die Zeit sinnvoll rumkriegen – da kam mir der hervorragende Einfall, alle eure mir verfügbaren E-Mail-Adressen in den Compi zu hämmern. Ich weiß, liebe Ilse, dass du gern die Aufgabe übernommen hast, meine Briefe weiterzuleiten, und ich bin dir sehr dankbar, aber …siehe oben!

Ich hoffe, dass ihr alle ein angenehmes Osterfest feiern konntet, endlich mal frei von allen Verpflichtungen (früh durch den Garten hoppeln, um Eier für die lieben Enkel zu verstecken; sich anständig anziehen für Kirchgang oder Besuch, dauernd in die Küche zu rennen, damit die Lammkeule nicht zu schwarz wird, Kaffeetisch zu decken usw.usf.).

Was ich getan habe? Lauthals Ostergesänge geschmettert, aber diesmal nicht am offenen Fenster, dafür mit Klavier, Kuchen gebacken (ein wenig zu lange), weil nachmittags eben doch ein Besüchlein kam, Fernsehen geguckt, als es draußen zu ungemütlich wurde, ein bisschen am Strickstrumpf gefummelt, gelesen, gerätselt … oh, es gibt so vieles, womit man sich die Zeit verkürzen kann, und das Allerbeste: in diesen Zuhause-bleib-Zeiten kann ich eben auch abends vor der Röhre hocken und muss nicht raus ins feindliche Leben – nein, nicht ins „feindliche“, sondern ins Chorsingeleben. Glaubt mir, das ist wirklich mal ´ne Entspannung! Wenn man die richtige Einstellung hat, gewinnt auch Unangenehmes eine angenehme Seite! Also: her mit der richtigen Einstellung! Die hat was mit dem Stehen zu tun – aufrecht, locker, Augen auf und strahlen über das ganze Gesicht!

Macht mal schön eure Übungen und denkt euch ruhig was Neues aus! Lacht mal hohohooo und wackelt dabei kräftig mit dem Bauch, d. h. natürlich Zwerchfell. Sucht euch eure Lieblingslieder aus, damit wir Wunschkonzert machen können, wenn wir wieder beisammen sind! Ab Mai wird alles besser, und wenn das Wetter schön ist am ersten Freitag, den wir uns wiedersehen, machen wir „Stuhlgang“ in den Garten hinter dem Gemeindehaus, setzen uns in gebührendem Abstand hin und können wieder gemeinsam singen, schwatzen und lachen. Bleibt mir bis dahin hübsch coronafrei – mit der übrigen Gesundheit ist das ja so, dass wir eben schon mal unsere Zipperlein mit uns rumschleppen müssen, aber die sind ja im wesentlichen nicht ansteckend. Ansteckend darf nur unsere gute Laune und unser Gemeinschaftsgefühl sein.

Ich freue mich auf ein Wiedersingen mit euch!

Eure Gudrun